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  • AutorenbildAndrea Kuhn

Was wäre wenn...

Heute war mein erster Arbeitstag. Neben zahlreichen Informationen zur Einführung durfte ich zusammen mit fünf anderen Volunteers eine Blind- und Aids-Experience machen. Diese Simulationen sind nicht frei erfunden, sie basieren auf echten Lebensgeschichten und -erfahrungen. Das war sehr eindrücklich und bewegend, da sich jeder die Frage stellen muss: Was wäre wenn…


…es plötzlich dunkel wird

Während der Blind-Experience geht man in einem komplett abgedunkelten Raum durch ein typisches afrikanisches Dorf. Es gibt Brücken, sandige Wege, Bäume, Gräser und man hört Schafe, Menschen sowie einen Fluss der langsam vor sich hinplätschert. Schritt für Schritt tastet man sich vorwärts und natürlich stösst man immer wieder mit einem anderen Teilnehmer zusammen. Was mich besonders beeindruckt hat ist wie verunsichert und alleine man sich fühlt wenn niemand im Raum spricht. Ohne Stimmen verliert man komplett die Orientierung und hat ständig das Gefühl alle seien bereits weitergegangen. Das ist auch ein Grund dafür, dass man plötzlich Körperkontakt zu absolut fremden Menschen sucht und auch darauf angewiesen ist. Diese Berührungen sind dann auch nicht mehr befremdend sondern ganz natürlich. Ich fühlte mich sofort sicherer weil ich dann wusste, dass ich nicht allein in dem Raum bin. Natürlich wurden wir immer wieder von einem Trainer, der selber wirklich blind ist, geführt. Er achtete auch stehts darauf, dass niemand verloren geht. Als ich dann am Ende wieder ans Licht kam und meine Augen wieder wie gewohnt zur Orientierung nutzen konnte, wurde mir ganz deutlich bewusst, wie tragisch und erschütternd es sein muss, wenn es plötzlich dunkel wird.


…ich vom einfachen Dorfleben ins Bordell verkauft werde

Bei der Aids-Experience geht man durch unterschiedliche Kulissen und Räume während man per  Audio-Guide die Lebensgeschichte eines Menschen hört. Ich durchlebte so die tragische Geschichte eines jungen Mädchens namens Akin. Sie wächst glücklich mit ihrer Familie in einem kleinen abgelegenen Dorf auf bis eines Tages ein fremder Mann aus der Stadt erscheint. Er verspricht der Familie, dass er ihr einen gut bezahlten Job in einem Restaurant in der Stadt verschaffen kann wo sie genug Geld für sich und ihre Familie verdienen kann. Da der Vater krank ist und die Familie hofft, dass ihre Tochter so eine gute Ausbildung machen kann, stimmen sie zu und Akin verlässt kurz darauf ihr Heimatdorf.


In der Stadt angekommen, bringt der Mann das junge Mädchen in ein Haus wo sie von anderen Frauen empfangen wird. Sie führen sie in einem Raum voller schöner Kleider, Kosmetik, Parfüm und allen möglichen kostbaren Dingen die Akin noch nie zuvor besessen hat. Sie wird aufgefordert eines der Kleider anzuziehen und sich zu schminken. Als sie den Frauen zu erklären versucht, dass sie all diese Dinge nicht bezahlen kann, wird ihr gesagt, dass sie sich darüber keine Sorgen machen soll. Nun beschleicht die junge Frau erstmals ein ungutes Gefühl, doch die Frauen antworten nicht weiter auf ihre Fragen sondern lassen sie alleine in dem Raum.


Kurz darauf kommen Männer in den Raum. Sie halten Akin fest, spritzen ihr Drogen damit sie sich nicht weiter wehren kann und vergewaltigen sie mehrmals. Als sie wieder zu sich kommt befindet sie sich in einem kleinen Raum mit einer Matratze. Ihr einziger Gedanke ist Flucht doch die Tür ist verschlossen. Als sie versucht die Türe aufzubrechen, kommt eine ältere Frau ins Zimmer und schlägt sie solange bis sie sich nicht mehr wehrt. Ihr wird gesagt, dass dies der einzige Weg sei um ihre Schulden zurückzuzahlen und dass nur so weiterhin Geld an ihre Familie geschickt wird um ihrem kranken Vater zu helfen. Akin weiss, dass ihre Familie das Geld braucht und sie weiss auch, dass sie ihrer Familie niemals erzählen kann was mit ihr geschehen ist. Es gab niemals ein Restaurant in dem sie hätte arbeiten können, sie wurde von dem Mann in ein Bordell verkauft und es gibt kein Entrinnen.


Doch eines Tages zeigen sich Anzeichen einer Krankheit. Akin wird immer dünner, ihre Haut ist fahl und sie ist oft krank. Die ältere Dame der das Bordell gehört, spricht mit einem Arzt und kurz danach wird Akin aus dem Bordell auf die Strasse geworfen. Sie hat kein Geld, keine Ort an den sie gehen kann und das Schlimmste ist die Frage in ihrem Kopf – bin ich HIV-Positiv?

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